ZVR: 659600647
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In   dem   sich   hinter   dieser Tür   allmählich   erhellenden   Raum,   sehe   ich   ziemlich   verschwommen   noch die   von   der   Feuerbestattung   übrig   seienden   Knochen   dieses   Menschen,   die   langsam,   obwohl   noch brennend   wie   bereits   stark   angekohlte   Holzreste   eines   verlöschenden   Lagerfeuers,   in   ihrer   Asche aufgehen.   Doch   was   sich   mir   eigentlich   darbietet   -   und   zwar   in   aller   Klarheit   -   ist   die   mystische Realität:    Dieser    Mensch    ist    drauf    und    dran    Samsara ,    den    Kreislauf    der    Wiedergeburten,    zu verlassen.   Er   hat   für   sich   den   Stillstand   erreicht,   oder   ist   knapp   davor   seinen Ausstieg   ins   Nichts   zu tätigen.   Er   ist   drauf   und   dran   den   Gipfel   seines   Sisyphos-   Berges   zu   erreichen,   um   von   dort,   bar jedes noch abzuarbeitenden Karmas  in die Freiheit zu fallen. Als    eindeutiges    Indiz    hierfür    wertet    die    Phantasie    die    -    schon    mehrmals    angesprochene    minimalste   Dauer   dieser   Sequenz.   Kaum   zwei   Flügelschläge   eines   Schmetterlings   lang,   entfaltet sie     also     ihre     Magie.     Diese     durch     unsere     Augen     kaum     erfassbare     Länge     verführt     die Vorstellungskraft    dazu,    das    gerade    noch    wahrgenommene    Bild         im    Nu    zu    einem    gar    nicht bemerkten    und   so   zu   etwas   eigentlich   Nicht-Existentem    werden   zu   lassen.   Den   Sprung   vom   etwas nicht   sehen    hinüber   zum   und   daher   ist   es   nicht    zu   machen   ist   quantenphysikalisch   gesehen   kein allzu   großes   Wagnis,   beeinflusst   doch   in   diesem   wissenschaftlichen   Bereich   die   Art   wie   etwas gesehen   wird,   was   schlussendlich   gesehen   wird.   Und   so   ermutigt   gleichsam      das   Nicht-sehen   der sterblichen    Überreste    dieses    in    freier    Landschaft    dem    Feuer    überlassenen    Menschen,    zu    der Hoffnung   dass   er   oder   sie   endlich   ins   Nichts   ins   Überall,   ins   Nirwana   entschwunden   ist.   Dass   es ihm   oder   ihr   endlich   gelungen   ist   im   Ganzen   aufzugehen   und   eins   zu   werden   mit   dem   Brahman, dem   kosmischen   Bewusstsein.   Gestützt   wird   diese   philosophische   Ahnung   tatsächlich   und   sehr naturalistisch   durch   das   übrig   gebliebene,   von   den   Flammen   weitgehend   verschonte,   gereckte   Bein des   Kremierten.   Als   sei   es   ein   gestreckter   Zeigefinger,   weist   es   eindeutig,   samt   Fuß,   Richtung Himmelsgewölbe und auf Bereiche darüber hinaus. Asche   zu   Asche   und   Staub   zu   Staub.   Keine   Formel   könnte   die   Vereinigung   mit   dem   Brahman besser   zusammenfassen   als   diese.   Und   kein   Gemälde   könnte   diese   Formel   eindrücklicher   darstellen als   jene   Bilder,   die   uns   Sonja   Steger   –   so   im   Vorbeigehen   -   liefert:   Die   menschlichen   Gliedmaßen verwandeln   sich   unter   den   Flammen   zu   Asche,   werden   zu   Staub.   Zerfallen   schlussendlich   in   jene, im   gesamten   Weltall   zu   findenden   Grundstoffe,   aus   denen   alles,   jeder   Grashalm,   jede   noch   so kleine   Bakterie,   jede   Schlange,   jeder   Mensch   besteht.   Wind,   Regen   und   Tiere   verteilen   diese   Stoffe schließlich,   vielleicht   sogar   weit   übers   Land   oder   tragen   sie   mitunter   sogar   auf   andere   Kontinente. So   sorgt   die   Natur   dafür,   dass   der   Mensch   wieder   in   die   ihn   umgebende,   nähere   oder   weitere   Welt eingeht und in ihr - wie alles und jedes - aufgeht. Panta   Rhei .   Alles   fließt.   Das   Leben   ist   nicht   nur   eine   Baustelle.   Das   Leben   ist   auch   ein   Fluss. Ein    Fluss,    dessen    Wasser    manchmal    rasch,    manchmal    träge,    manchmal    lustig    plätschernd, manchmal   zornig   stürzend,   aber   ohne   Zweifel   stetig   Richtung   Meer   fließen.   Um   dort   zu   guter   Letzt ununterscheidbar eins zu werden mit dem großen Ganzen. Charlie Liebhaber